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Nachruf Prof. Rainer W. Ernst

11. Oktober 2019

Ingrid L. Ernst
Ingrid L. Ernst
Rainer W. Ernst, Ingrid L. Ernst, Klaus Kürvers (v.l.n.r.)

Unser langjähriges Mitglied und ehemaliger Vorsitzender des BDA Berlin Prof. Rainer W. Ernst ist am 8. September 2019 verstorben. Lesen Sie hier einen Nachruf von Claus Käpplinger.

Rainer W. Ernst (1943-2019)

Ein sehr weit gespannter Horizont des Denkens und Handelns zeichnete den Stadtplaner, Architekten und Hochschullehrer Rainer W. Ernst aus, der nimmermüde für mehr Partizipation und Visionen stritt. 1943 in Berlin geboren und geprägt von den wilden Sechzigern an der TH Stuttgart und Frei Otto war Rainer W. Ernst ein großer Brückenbauer, der mit schier unerschöpflicher Tatkraft den langen Marsch durch die Institutionen nicht scheute. Als Hochschullehrer, Vizepräsident der HDK Berlin, Rektor der Kunsthochschule Weißensee und Präsident der Muthesisus Kunsthochschule in Kiel übernahm er oft Verantwortung in sehr schwierigen Zeiten, als stets Fakultäten oder sogar ganze Institutionen zur Disposition standen und um ihr Überleben kämpfen mussten.

Als durchaus streitbarer Stadtplaner erkannte er schon früh in den Siebzigern, dass die Profession sich für die Stadtentwicklung anderer Kulturen stärker öffnen und interessieren müsse, weshalb er erst an der Universität Dortmund und danach an der Hochschule der Künste in Berlin entsprechende Forschungen und Projekte forcierte und später das Habitat Forum Berlin gründete. Die dort gewonnenen Erfahrungen brachte er nicht zuletzt auch andernorts ein: als 1. Vorsitzender des Deutschen Werkbundes Berlin von 1988 bis 1994 und dann von 1998 bis 2001 auch des BDA Berlin, wo er einmal mehr in schwierigen Zeiten für klare Positionen und gemeinsame Visionen leidenschaftlich eintrat. Eine Haltung, die er ihn auch zu S.T.E.R.N., der Gesellschaft für Stadterneuerung in Berlin führte. Zu einem begehrten Ansprechpartner entwickelte er sich gerade auch für sehr junge Planerinnen und Planer, denen er oft nicht nur sein Gehör, sondern auch sehr engagiert seine Unterstützung schenkte.

Vergeblich waren ihre Kämpfe für die Erhaltung des alten Rudolf Virchow Krankenhauses, erfolgreich hingegen in Salvador/Bahia, der Oderberger Straße, beim Museumspark Rüdersdorf und an vielen anderen Orten, wo es für Rainer W. Ernst galt Gestaltung in intensiven Dialogen mit den Menschen vor Ort zu entwickeln. Stets offen für neue Wege, Kooperationen und interdisziplinäre Dialoge war er ein uneigennütziger Netzwerker par excellence, der seine Gegenüber nicht selten mit überaus anregenden Visionen und Optionen beschenkte. In einem Alter, in dem Andere sich zu Ruhe setzen, brachte er sich nach 2008 als Präsident der Muthesius Kunsthochschule auf den unterschiedlichsten Ebenen und Foren in Kiel produktiv ein und gründete dort eine „Architektur Werkstatt“.

„Einfach mehr machen aus dem, was da ist“ war seine Lebensdevise, die er u.a. in der Arbeitsgruppe „Humboldt Forum“ der Stiftung Zukunft Berlin nachhaltig vertrat. In seinem 2018 erschienen Buch „Räumliche Ressourcen. Architektur im Prozess gesellschaftlicher Verantwortung“ fasste Rainer W. Ernst noch einmal facettenreich sein lebenslanges Ringen für eine demokratische Planungskultur und partizipative Raumstrategien zusammen, für eine Architektur, die offen und kreativ sich mit den Lebenswelten vor Ort auseinandersetzt. Seine besondere Gabe der Kommunikation mit durchdringender Stimme, aber auch sein oft schalkhaftes Lächeln werden wir nun schmerzhaft vermissen, mit denen er noch im Juni dieses Jahres einen unvergesslichen BDA-Stadtsalon-Abend in seiner Charlottenburger Wohnung voller Kunst bestritt. Am 8. September 2019 ist Rainer W. Ernst nach langer Krankheit in Berlin gestorben.

Claus Käpplinger

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