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BDA Jahresempfang 2023

20. Juni 2023

Rainer Gollmer
Rainer Gollmer
Jahresempfang des BDA Berlin, Kant-Garagen in Berlin-Charlottenburg

Viel zu entdecken, gab es bei der Wiederaufnahme einer guten Tradition des BDA Berlin, nämlich des Jahresempfangs mit Vorstellung der neuen Mitglieder, der leider während der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte. Viele neue Gesichter und Themen, aber auch ein unverwechselbarer Ort waren so am 4. Juni 2023 zu entdecken, der von der Architektin Johanna Nalbach von einem Monument des automobilen Zeitalters in einen attraktiven Event-, Büro- und Galerienraum verwandelt worden war. Von Etage zu Etage gaben die früheren Kant-Garagen neue Räume und Objekte preis, die das Lustwandeln auf seinen breiten Spiralrampen hin zum Versammlungsloft anregend gestaltete.

Durchaus programmatisch hatte der Vorstand des BDA Berlin den Ort gewählt, der für Um- und Aufbruch steht, aber auch erst nach sehr intensiven gesellschaftlichen Debatten vor seiner Zerstörung gerettet werden konnte. Julia Dahlhaus, die Vorsitzende des BDA Berlin sprach in ihrer Rede von der Geschichte des Ortes, aber noch mehr davon, vor welchen Herausforderungen heute die Berliner Architekt:innen stehen. Klima- und Energiewandel, gesellschaftliche Umbrüche und immer neue Regeln und Verordnungen, die ein kostengünstiges Bauen noch weiter erschweren, würden mehr denn je nach kreativen Architekt:innen verlangen, so Julia Dahlhaus. Anpassungsfähig müssten sie heute sein, aber darüber nicht vergessen „die Art wie wir bauen“ zu hinterfragen und neue Wege aufzuzeigen. Der Umbau sei heute vor dem Neubau Vorrang zu geben, aber nicht der einzige Weg zur Lösung vieler Probleme. Vielmehr müssten wir uns heute alle fragen: „Wo wir Berlin in 20 Jahren sehen wollen?“ Denn diese Frage bleibt allzu oft in den zahlreichen Gesprächsforen mit Politik und Verwaltungen seltsam vage, trotz der Dringlichkeit der aktuellen Wandlungsprozesse, die nicht zuletzt den sozialen Zusammenhalt und das Überleben unserer Gesellschaft bedrohen.

Rainer Gollmer
Rainer Gollmer
Martin Aarts, Setting-the-stage Berater Stadtentwicklung Rotterdam

Wie Wandel aktiv eingeleitet und gestaltet werden kann, blieb dem Festredner Martin Aarts aus Rotterdam überlassen, der als Teamleiter der Rotterdamer Stadtplanung entscheidenden Anteil am erfolgreichen Stadtumbau hatte. In seinem Vortrag „Setting the stage. Die Stadt von morgen“ führte er vor Augen, dass für Paradigmenwechsel unbedingt eine neue Vision für die Stadt erforderlich ist. Im Falle Rotterdams sei dies die neue Fokussierung auf die bestehende Stadt und die Abkehr vom grenzenlosen Wachstum an den Rändern hin zu einer menschengerechteren Stadt gewesen. Begrenzte Ressourcen erforderten heute einen viel gezielteren Einsatz der Ressourcen.

Durchweg amüsant und manchmal auch etwas launisch zeigte er anhand vieler Beispiele auf, wie vermeintlich unveränderbare Teile der Stadt grüner, partizipativer und urbaner gestaltet werden können. Der Bahnhof Rotterdam und sein Umfeld sowie die neue Markthal seien etwa nur durch die Finanzkrise von 2008 möglich geworden. Was ihn zur Aussage „Never waste a good crisis“ veranlasste, die er mit weiteren Ausflügen nach Barcelona, Paris und Kopenhagen zu visualisieren verstand. Er ging sogar so weit, dass weniger Architektur als die Einwohner die Identität eines Stadtviertels prägen würden. Und er präsentierte am Ende seines Vortrags mit der Verwandlung der Straße des 17.Juni zu einem Garten im weiten Park des Tiergartens sogar eine neue grüne Vision für Berlin.

Danach standen ganz die 49 neuen Mitglieder im Mittelpunkt, die 2022 und 2023 in den BDA Berlin berufen wurden: erstaunlich viele junge und erfreulicherweise sehr viele Frauen sowie fünf außerordentliche Mitglieder, die heute bereits zum größten Teil im Bestand arbeiten und sich in unterschiedlichen Initiativen aktiv in den Stadtumbau einbringen. Deutlich jünger und vernetzter wird mit ihnen so der BDA Berlin sein. Die Mitglieder der Berufungskommission brachten mit kurzen, prägnanten Einführungen ihre Werke, Aktivitäten und Werdegang nahe, die auch in einer Ausstellung am Rande des Auditoriums noch weiter zu entdecken waren, wo sich später viele kleine Diskussionsgruppen bildeten, die den einen oder anderen Faden der Festredner aufnahmen und nicht selten auch kontrovers diskutierten. Es war so ein sehr lebendiger wie langer Sonntagnachmittag für viele, die sich nach den langen Corona-Jahren erstmals wieder trafen und unmissverständlich ihren Anspruch zum Ausdruck brachten den Wandel aktiv mitgestalten zu wollen.

Rainer Gollmer
Rainer Gollmer

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