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Birgitt Welter 1941 – 2023

19. September 2023

Archiv Philipp Welter
Archiv Philipp Welter
Birgitt Welter 1941 – 2023

Wir trauern um unsere langjährige geschätzte BDA-Kollegin Birgitt Welter, die im Juli in Berlin verstorben ist.
Birgitt Welter war mehr als 30 Jahre lang mit ihrem Büro Birgitt Welter Architekten BDA als freischaffende Architektin in Berlin tätig, seit 2008 gemeinsam mit ihrem Sohn Philipp Welter als welter+welter architekten BDA. Zu ihrem Werk zählen zahlreiche Wohnungsbauprojekte, Geschäftshäuser, Praxen und Hotels sowie Bauten im Denkmalschutz.

Die Basis für ihr Schaffen legte Birgitt Welter mit ihrem Studium an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart (Abschluss 1968) sowie ihrer Mitarbeit u.a. bei Prof. G. Behnisch & Partner München/Stuttgart, am Institut für Leichte Flächentragwerke bei Prof. Frei Otto sowie im Büro für Grafik/Design Prof. Otl Aicher.

Bereits ab 1972 war sie gemeinsam mit Udo Welter erstmals erfolgreich als selbständige Architektin tätig. 1985 folgte der Umzug nach Berlin, wo sie nach einigen Jahren im Architekturbüro Thomas Baumann 1992 ihr eigenes Büro gründete. Birgitt Welter wurde 1996 in den BDA Berlin berufen und blieb unserem Verband bis zuletzt treu.

Prof. Robert Niess erinnert in seinem Nachruf an die außergewöhnliche Architektin:

Wir trauern um sie umso mehr, denn jede die die „Bigi“ kannte, weiß was für ein offener, einnehmender und fröhlicher Mensch sie war. Ihre neugierige und rastlose Natur war in der kreativen Landschaft der Gestaltung, sei es Architektur, Design oder auch Lebensführung, immer suchend und sammelnd unterwegs. Ob als Bauwerk, Schmuck oder in der Gestaltung von Objekten und Produkten war das Entwerfen für Birgitt Welter auch eine Lebensbejahung. Diese übergreifende Gestaltungshaltung, zusammen mit Ihrer Leichtigkeit im Leben, ist ganz sicher Ihrem abwechslungsreichen, aber auch nicht immer leichten, Lebensweg zu verdanken.

Geboren wurde Bigi 1941 in Berlin-Schöneberg. Als „Kriegskind“ wurde sie zunächst nach Hohen Neuendorf und dann 1944 nach Apolda verschickt. Nach eigener Aussage erlebte sie bereits als junges Mädchen ihre ersten Architektureindrücke in der Arbeitsstätte ihres Vaters, dem Total Feuerlöschgerätewerk von Egon Eiermann in Apolda. Überwiegend in Mannheim aufgewachsen entschied sie sich 1959 für ein Studium der Architektur und wurde an der Kunstakademie Stuttgart aufgenommen, wo sie 1967 ihren Abschluss machte. Es folgte eine aufregende und lehrreiche Zeit als Mitarbeiterin in den Büros von Prof. Otl Aicher und Prof. Frei Otto, wo sie Erfahrungen mit Grafik Design und mit leichten Flächentragwerken sammelte. Besonders prägend war jedoch ihre Zeit im Büro von Prof. Günter Behnisch wo sie an den Bauten der „heiteren Spiele“ der XX. Olympiade in München mitgestalten dürfte. Wie könnte es als Architektin anders sein, dass nur sie genau wusste welche Strumpfhosen für Arbeitsmodelle des Daches am besten geeignet wären! Ihre Rolle als Architektin ist besonders wichtig denn der Bigi ist es so inspirierend gelungen Frau, Architektin und Mutter gleichzeitig zu sein. Ihr eigenes Büro gründete sie 1972 zusammen mit ihrem Mann Udo Welter in München. Es folgten mehrere bedeutende Wettbewerbsgewinne großer Projekte. Hervorzuheben wäre hier das 1976 realisierte Neue Landratsamt Bad Tölz. In dieser Phase kam der Sohn Philipp zur Welt. Die Trennung der Ehe veranlasste sie, 1985 mit Ihrem Sohn nach Berlin umzusiedeln wo sie unter anderem an dem Bauvorhaben zur Sanierung und Erweiterung des denkmalgeschützten Auguste-Viktoria-Krankenhauses bei dem Architekten Thomas Baumann arbeitete. 1992 wagte sie erneut den Schritt, diesmal allein, ein eigenes Büro zu gründen. So fing sie in den leeren Räumen eines alten Fabrikgebäudes in Berlin-Mitte an zu arbeiten. Heute kennen wir das Ensemble als das „Deutsche Architektur Zentrum“, wo Bigi Mitgründerin war. 1996 folgte der Ruf in den Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA). Mit ganzem Herzen, mit schierer Arbeitsfreude, voller innovativer Ideen arbeitete Bigi – im Detail wie im Ganzen. Aus den Umständen das Beste machen – das war ihre Auffassung von Arbeit. Und so erwarb sie kollegiale Anerkennung und ihre Arbeit Preise und Auszeichnungen. Die Arbeit im eigenen Atelier war ihr Lebenselixier und so wurde die Freude umso größer als der Sohn Philipp 2008 in die Partnerschaft kam und welter+welter-architekten BDA entstand. Mit einer Vielzahl von kleinen bis großen Bauwerken in Berlin wie der Neubau der Sandkrug Brücke, dem Umbau und Erweiterung des Baudenkmals in der Schloßstrasse 13 in Potsdam, diversen Wohn- und Geschäftshäusern in Friedrichshain, Pankow und Weissensee und das neulich fertiggestellte Büro- und Geschäftsgebäude „New Courts“ in Berlin-Wedding hat Birgitt Welter der Stadt und uns allen bleibende architektonische Werte geschenkt.

Am 20. Juli 2023 im Alter von 82 Jahren verstarb die Architektin Birgitt Welter friedlich, umgeben vom engsten Kreis der Familie und ihres Lebenspartners Josef Wimmer.