Reines Ornament, das heißt, ein Ornament, dass sich weder zwangsläufig aus der gewählten Konstruktion ergibt, noch sich hinreichend durch seine symbolische oder tatsächliche Funktion begründen lässt, sondern sich allein dem subjektiven Wollen des Entwerfers und seiner baukünstlerischen
Vision verdankt, wird in der zeitgenössischen, deutschen Baukultur nach wie vor kritisch betrachtet. Alles nur Oberflächliche, rein auf seine ästhetische Wirkung Bedachte gilt als unarchitektonisch. Der Audimax-Neubau der Universität Hohenheim gehörte deshalb zu den von der Jury am kontroversesten diskutierten Beiträgen des diesjährigen Auszeichnungsverfahrens in der Region Stuttgart/Mittlerer Neckar. Letztlich zeigte sich die Jury in der Mehrzahl aber doch überzeugt durch das reizvolle, irisierende Licht- und Schattenspiel, das sich vor allem bei starkem Streiflicht auf den geschwungenen Beton-Lamellen der Gebäudefassaden zeigt. Es verleiht dem an-sich unspektakulären,kubischen Baukörper, der sich dem anschließenden Bestandsbau bescheiden unterordnet, eine ungeahnte Finesse. Auf einem vergleichbaren Effekt beruht auch die Gestaltung des auf Attikahöhe das gesamte Gebäude umlaufenden Schriftzugs. So verdoppeln sich bei intensiver Sonneneinstrahlung die einzelnen, weit von der Mauer abgesetzten Buchstaben durch ihr Schattenbild auf der Fassade und erzeugen damit auf dieser ein – im wahrsten Sinne des Wortes – ebenso mehrschichtiges wie mehrdeutiges Schriftbild. Im Inneren wiederum überzeugt der Bau mit dem Konzept „raumhaltiger Wände“. Gemeint ist damit der doppelgeschossige Umgang, der sich zwischen dem Hörsaal und den Außenfassaden öffnet und der von den Studenten zwischen zwei Vorlesung als Aufenthaltsraum genutzt werden kann. Er ist letztlich einem Kreuzgang vergleichbar. Der Audimax selbst hingegen ist funktional gestaltet, allerdings verjüngen sich die hölzernen Wand- und Deckenverkleidungen in Schnitt und Grundriss, wodurch der Raum geschickt auf das Podium hin fokussiert wird.